Mündliche Bedenkenmitteilung kann ausreichen

Auch mündliche Bedenkenhinweise führen im VOB/B-Vertrag dazu, dass der Auftragnehmer von seiner Haftung frei wird. (OLG Schleswig, Urteil vom 18.07.2018 (Az. 12 U 8/18)

Sachverhalt

Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks mit einem landwirtschaftlichen Wirtschaftsgebäude. Im Rahmen der Sanierung und Neueindeckung des Dachstuhls beauftragte der Kläger u. a. das beklagte Bauunternehmen mit Dachdeckerarbeiten.

Der Kläger nimmt das beklagte Bauunternehmen auf Schadensersatz wegen Baumängeln in Anspruch. Das Bauunternehmen beruft sich auf mündlich mitgeteilte Bedenken gegen eine Anordnung des Klägers. Danach habe das beklagte Bauunternehmen bei einem Vergabegespräch erklärt, bei einem Verzicht auf die Unterspannbahn des Daches sei damit zu rechnen, dass Flugschnee in das Haus eindringen könnte.

Entscheidung

Das OLG Schleswig bejaht im Einklang mit dem Ausgangsgericht, dass eine Mängelhaftung des beklagten Bauunternehmens wegen des mündlichen Bedenkenhinweises gem. § 13 Abs. 3 i.V.m. § 4 Abs. 3 VOB/B ausscheide. Zwar sind die Bedenken entgegen § 4 Abs. 3 VOB/B nicht schriftlich angemeldet worden und die Beklagte habe daher insoweit ihre vertraglichen Pflichten verletzt. Dennoch haftet das beklagte Bauunternehmen nicht, denn auch mündliche Hinweise sind nicht schlechthin unbeachtlich. So kann ein Auftragnehmer dann, wenn der Auftraggeber trotz zuverlässiger mündlicher Belehrung die mündlichen Hinweise des Auftragnehmers nicht befolgt, sich hinsichtlich der daraus ergebenden Mängel des Bauwerks auf ein Mitwirken des Verschuldens des Auftraggebers gem. § 254 BGB berufen. Dies kann im Einzelfall dazu führen, dass der Auftraggeber, der trotz ausreichender Belehrung bei seiner gegenteiligen Anordnung bleibt, die sich daraus ergebenden Folgen allein tragen muss (vgl. BGH, Urt. v. 10.04.1975 – VII ZR 183/74). Es kommt daher darauf an, ob der mündlich erteilte Hinweis die Interessen des Auftraggebers im Einzelfall ausreichend schützt. Davon geht das OLG Schleswig nach dem vorliegenden Sachverhalt aus.

Bedeutung der Entscheidung

Nicht selten wiegen sich Auftraggeber in Sicherheit, wenn eine schriftliche Bedenkenmitteilung nicht vorliegt. Das Urteil des OLG Schleswig erinnert daran, dass allerdings auch mündliche Bedenkenhinweise ausreichen können, um ein Mitverschulden des Auftraggebers und im Einzelfall sogar eine Enthaftung des Bauunternehmens zu begründen. Auch ohne mündliche Bedenkenanzeige kommt zudem ein im Extremfall zur vollständigen Enthaftung führendes Mitverschulden des Auftraggebers in Betracht, wenn die dem Bauunternehmen übergebene Planung, vom Auftraggeber gelieferte Stoffe oder Bauteile oder Leistungen anderer vom Auftraggeber separat beauftragter (Vor-) Unternehmer den streitgegenständlichen Mangel verursacht haben.